Norbert regt sich auf vom 26.2.2007

 

über

So macht es keinen Spass mehr

oder

Das Ende des Fandaseins ist nahe

Nein, es geht nicht um die Querelen und den Aufsichtsrat, davon werdet ihr kein Wort in diesem Bericht hören. Nein, es geht einfach darum, dass es keinen Spass mehr macht, Fussballfan zu sein. Es kann nicht sein, dass ich als Fussballfan nicht mehr als freier Bürger gesehen werde, sondern als Gefangener eines Systems, welches durch Willkür, Diktatur und Beschränkung der Meinungsfreiheit geprägt ist!

Natürlich könnt ihr sagen „Also mir ist noch nie etwas passiert“, aber keine Panik, die kommen auch zu euch, wenn sie es geschafft haben, ihr jetziges Spielzeug „Ultras“ kaputt zu machen. Und Regeln wie in England, dass Bier trinken weder in Bussen noch in Stadien erlaubt sind, wird es auch hierzulande geben. Und das ziemlich bald, wenn sich nicht schnell gegen die Willkür der Ordnungskräfte gewehrt wird.

1. Fall, die Verlegung in Bremen

Natürlich muss man hier dem Verein Werder Bremen erhebliche Mitschuld geben, denn es kann nicht sein, dass ein Verein das Recht hat, Spiele kurzfristig abzusagen um seinen Rasen zu schonen. Wenn man kein Stadion hat, in dem alle (das alle bitte doppelt unterstrichen) Spiele der Liga ausgeführt werden können, in der man spielt, dann hat man in dieser Liga nichts zu suchen. Nun ist es ja so, dass die Werderaner in den letzten Jahren echt Geld in ihre 2. Mannschaft gesteckt haben und Platz 11 so ausgebaut haben, dass dieser eigentlich alle Spiele aufnehmen kann, nur angeblich St. Pauli nicht. Klar würde es eng werden und klar könnten eventuell nicht alle Ticketwünsche aus Hamburg erfüllt werden, aber das ist dann halt so und ja auch okay.

Wobei ich behaupte, dass es bei einer Lösung ähnlich wie in Kiel im ersten Jahr (wo man halt einen Teil der nicht benutzten Heimplätze für Gästefans genutzt hat) vollkommen möglich wäre, die ca. 100 Bremer Fans und die ca. 5000 St. Paulianer da unter zu bringen. Insofern – und dies sei hier mal vorab klar gestellt – wäre eine Austragung auf Platz 11 von Beginn an das Vernünftigste gewesen.

Nun stuft die Polizei dieses Spiel als „Risikospiel“ ein, da die Fangruppen „verfeindet“ wären. Dies ist – gelinde gesagt – absoluter Blödsinn. Klar hau ich jedes Mal Wilko eins aufs Maul, wenn ich ihn sehe, aber sonst? Die Ultragruppen sind miteinander befreundet, Teile der Werderaner Szene hängen nach den Spielen im Fanladen rum, alles kein Problem. Verfeindet? Liebe Polizei, dass glaubt ihr doch selber nicht. Nun gibt es eine Ausnahme. Es gibt in Bremen eine Truppe, die rechtsradikal, aggressiv und einfach nur zum Kotzen ist. Mit denen ist absolut jeder denkender Mensch verfeindet. Wer nicht weiss, was ich meine, der google mal Standarte Bremen. Fakt ist aber auch, dass es sich hierbei um vielleicht 25 gehirnlose Idioten handelt, die nun ENDLICH (auch dies sei mal doppelt unterstrichen) bei Werder Bremen mit Stadionverboten etc. belegt sind. Ob ein so kleiner Haufen daraus ein Risikospiel macht? Ich wage es zu bezweifeln. Denn dann sind selbst Spiele gegen Babelsberg, Düsseldorf und Celtic Risikospiele. Bei jedem dieser Vereine finde ich sofort mindestens 25 Leute, die uns nicht mögen.

Richtig ist, dass es letztes Jahr mit der Standarte Bremen gescheppert hat. Nur auch hier muss man mal ganz klar den Umfang sehen. Mir sind gerade 3 Festnahmen auf St. Pauliseite bekannt. Das sind immerhin nur 1 % dessen, was nach einem All Star-Spiel in der NBA festgenommen wird (das stimmt: über 300 Festnahmen, nach dem All Star-Spiel in Las Vegas, krass oder?). Und wofür gibt es eigentlich ach so szenekundige Beamte, wenn man immer pauschalisiert („die sind verfeindet“) und alles mit Grossaufgeboten der Polizei zubuttert? Dann kann man doch wenigstens diese Stellen einsparen. Ups, in Bremen hab ich jetzt den falschen erwischt, denn die örtliche Polizei hätte wohl nix gegen eine kurzfristige Verlegung auf Platz 11 gehabt. Aber die ZIS (Zentrale Informationsstelle Sport) hatte was dagegen, denn sie hatte „andere Erkenntnisse“. Nun sitzt die in Düsseldorf und will es besser wissen, als die ach so szenekundigen Beamten in Bremen? Da stellt sich wieder die Frage, wofür ich die denn brauch, wenn sich eine nicht vor Ort vertretene Behörde (die im Notfall wahrscheinlich bei hooligans.de nachguckt und ihre Lage danach beurteilt, ob da jemand geschrieben hat „denen hauen wir aufs Maul“ - sehr seriöse Infoquelle nebenbei) auf deren Urteil nicht verlässt, sondern doch wieder alles undifferenziert verbietet und mit Polizei zukleistert.

Jetzt stellt sich die Frage: Wenn doch die örtliche Polizei nix gegen eine kurzfristige Verlegung gehabt hätte, warum wäre dann nicht auch eine langfristige Lösung (wo man ja viel besser hätte planen können) gegangen?

So aber wurde es eben nix mit Bremen, was uns zu dem 2. Fall bringt

2. Fall / Arminia Hannover

Jeder, der sich ein bisschen im Amateurfussball auskennt, jeder, der schon mal auf die Internetangebote der beiden beteiligten Vereine geguckt hat und jeder, der schon mal bei einem Spiel der beiden war, weiss, dass sich die beiden Fangruppen nur eines tun: Bier ausgeben. Super angenehmes Publikum, welches auch zu Humor neigt und mit seiner mobilen Shirttafel nicht zu übertreffen ist. Nur: gewalttätig sind die absolut nicht.

Umso erfreuter war man natürlich, dass man da hinfahren konnte (wegen 1. Fall), und so machten sich insgesamt 120 St. Paulianer auf den Weg nach Bischhofshol. 20 mit dem Fanladenbus (der einfach den Bremenbus umleitete), eine etwas dünne Quote, aber dafür mit viel Platz für alle Beteiligten. Ca. 70 mit der Bahn und der Rest mit Auto, Strassenbahn oder zu Fuss.

Was uns vor Ort erwartete war – gelinde gesagt – die Hölle. Massive Polizeikräfte im Stadion, welche die Busfahrer aber erst noch unbehelligt liessen, da sie sehr früh anwesend waren. Massive Polizeikräfte auch am Bahnhof, welche die Bahnreisenden „freundlich begrüssten“, dann in einen Kessel nahmen und sie direkt und ohne die Möglichkeit, sich nach links und rechts zu bewegen, ins Stadion bringen wollten. Leider (aber verständlich) reagierten die Zugfahrer auf diese Idee nicht kooperativ, sondern belegten die Polizei mit entsprechenden Gesängen und vermummten sich teilweise. Nachdem ca. 5 Leute aus dem Kessel entkommen waren, wurde der Rest erkennungsdienstlich behandelt, sprich abgefilmt und Personalien aufgenommen. Man bemerke: Das Verbrechen bis hier hin war, dass man a. Fussballfan ist b. mit dem Zug gefahren ist und c. auf einen Kessel nicht gerade freundlich reagiert hatte (und dabei eine Ordnungswidrigkeit („Vermummungsverbot“) begangen hatte. Wobei dies ja nicht mal alle getan haben, aber alle so behandelt wurden) und d. einige Leute aus der Gruppe stiften gegangen sind.

U.a. war ein St. Paulianer, der sich im Kessel befand, davon ausgegangen, dass es weiter geht und einen Schritt nach vorne gegangen. Daraufhin wollte der Polizeihund (hier noch mit Maulkorb) mit ihm spielen. Er ist daraufhin zurückgegangen und hat zu dem anderen Ende der Leine (und ich behaupte mal, dies garantiert nicht in einem freundlichen Ton) gesagt „Mann, sag doch was, ich dachte es geht weiter“. Was ich mir in einer solchen Situation wünschen würde, wäre ein Polizist, der über den – verständlichen Ärger – hinwegsieht, sagt „Ne, geht es noch nicht“ und alles ist gut. Was passiert stattdessen? Hund wird der Maulkorb entfernt, ihm noch ein bisschen Leine gegeben und Wuffi darf noch mal spielen.

Nachdem man eine gewisse Zeit überlegt hatte, ob man zurückfährt, wurden die Bahnfahrer mit einer Sonderstrassenbahn (!!!) zum Stadion gebracht, wo man zwischenzeitlich einen extra Eingang für sie aufgemacht hatte (wohlgemerkt: zu diesem Zeitpunkt sassen die Busfahrer bereits fröhlich auf der Tribüne und schnackten mit den Arminia Fans) und wo die Polizei ohne Witz plante, einen eigenen Gästeblock abzutrennen. Zum Klo (es gab dort natürlich keines, warum auch?) und zum Getränkeholen sollte man dann wohl einzeln und unter Polizeibegleitung geführt werden. Diesen – absolut nicht durchzuführenden – Plan gab die Polizei auf und so kam es zu der skurrilen Situation, dass der „Mob“ am Stadion vorbei ging, in der hintersten Ecke das Stadion betrat um dann einmal im Stadion wieder zurück auf die Tribüne zu gehen. Wohlgemerkt: Vorbei an den gesamten Heimfans, die hinter dem einen Tor stehen.

Kurze Zeit nachdem dies alles schon geschehen war, kam die U 16 mit Cathrin (waren vorher in Bremen und hatten ihr Programm ausserhalb des Spieles durchgezogen), ging genau den gleichen Weg und diese Kinder wurden ohne Witz kurzfristig von der Polizei angehalten. Unglaublich, oder? Wollte der Polizist diese brutalen Gewalttäter vom Rest St. Paulis trennen? Motive des Handelns blieben bei vielen Sachen heute komplett im dunkeln. Welchen Eindruck macht so ein schwachsinniges Handeln bitte auf Kinder?

Im Stadion passierte dann nix, es wurde gesungen, gefeiert, mit den Arminen getrunken und die massiven Polizeikräfte (irgendjemand zählte 150 Stück bei vielleicht insgesamt 300 Zuschauern) standen rum, froren und hatten nix zu tun. Wohlgemerkt hatte man zwischenzeitlich auch den Gefangenenbus aufgefahren (warum?) und auf die Idee, einfach mal Polizeikräfte abzuziehen, kam natürlich keiner.

Das Spiel vergessen wir nun einfach mal. Die Polizei liess den Stadionsprecher erklären, dass um 17 Uhr eine Sonderstrassenbahn bereit stünde und dass diese direkt zum Hauptbahnhof führe. Die Busfahrer entfernten sich schnell vom Stadion, die Bahnfahrer gingen in der Kneipe noch einen trinken. Während die anwesenden Fanladenmitarbeiter sonst den ganzen Tag nicht mit dem Arsch angesehen wurden, hier wollte die Polizei natürlich, dass sie „ihre Leute“ zum Gehen bewegt. Was sie natürlich nicht tat.

Etwas wirr wurde es jedoch dadurch, dass einige Bahnfahrer sofort losfuhren, um den frühen Zug zu bekommen. Dies liess die Polizei zu, sperrte in diesem wohl aber einen Waggon für ca. 20 Fussballfans ab, trennte diese von den übrigen Reisenden und dies, obwohl der Zug wohl extrem überfüllt war. Schwachsinn hoch zehn. Auch hier stellt sich die klare Frage nach den Motiven.

Die restlichen Bahnfahrer gingen irgendwann los, wurden natürlich in die immer noch da stehende (und zwischenzeitlich ein Verkehrschaos verursachende) Bahn gesteckt und zum Bahnhof gebracht. Dort kam es a. zur Einkesselung auf dem Bahnhofsvorplatz, b. dann zur Führung auf das Gleis in einem Kessel und dann c. zu einer Festnahme eines ausländischen Gastes (Hintergründe vollkommen unklar), was dazu führte, dass die Gruppe erstmal sein Schicksal klären wollte (absolut zu Recht, wenn mich jemand fragt, das muss auch die Polizei mit einkalkulieren, dass bei Festnahmen eine Gruppe den nicht einfach zurück lässt). Das Schicksal klärte sich erst durch eine Lautsprecherdurchsage auf, dass er wieder frei gelassen sei. Dann durfte man wieder nach Hause.

Nun die Frage nach dem „warum“? Neben einigen Ordnungswidrigkeiten und einigen unschönen Gesängen (die aber den Tatbestand der kollektiven Beleidigung nicht erfüllten) ist den ganzen Tag NICHTS, aber auch rein gar NICHTS passiert (wobei nun mal die eine Festnahme aussen vor bleibt, die jedoch a. für eine Einschätzung der Fans des FC St. Pauli vollkommen unerheblich ist und b. nicht aufzuklären sein wird, da eben niemand, der nun wirklich aus Hamburg kommt). Wie kam die Polizei überhaupt zu der Einschätzung, dieses Spiel mit 150 Polizisten fahren zu müssen?

Und da waren sie wieder, die ach so szenekundigen Beamten des FC St. Pauli. Laut Informationen, die man so aus unterschiedlichen Quellen bekam, waren es unsere szenekundigen Beamten, die nach Hannover den Einfall von Barbaren meldeten. Diese vermeldeten ca. 50 B- und C-Fans und ca. 50 Schotten von der Celtic-St. Pauliparty. Nicht nur dass es insgesamt 2 Belgier waren, die als Celts mit waren, nein, es mutet schon befremdlich an, dass die Schotten (die aus ihrer Fussballkultur viel eher ein gesittetes Auftreten gewöhnt sind) pauschal als Sicherheitsrisiko angesehen werden. Zitat eines Verantwortlichen von Arminia Hannover „Das kommt aus Hamburg, nicht aus Hannover“.

Weitere Begründungen gefällig? „Das ist wegen Lok Leipzig“ „Vielleicht haben sie von den Krawallen bei Lok gehört?“ oder „Im Internet stand, der Mob solle nun nach Hannover fahren“. Unglaublich oder? Wozu habe ich szenekundige Beamte, wenn eine so undifferenzierte Einschätzung der Gefahrenlage massive (und kostspielige) Einsätze der Polizei rechtfertigt? Ich schätze mal, der ganze Tag hat dem Steuerzahler locker 50.000 Euro gekostet, Geld, was überall sinnvoller hätte eingesetzt werden können. Und das alles um Straftaten zu verhindern, die auch nicht eingetreten wären, wenn da nicht ein einziger Polizist gewesen wäre.

Was tun?

Aus meiner Sicht gibt es nur folgende Möglichkeiten:

1. Eskalieren lassen

Sprich auf Aggression der Polizei mit Aggression antworten. Meines Erachtens kein sinnvoller Weg, denn dann geht die Schraube immer nur weiter zu. Und wir haben viele Repressionen des Auslandes (ein Blick nach Holland oder England reicht) noch nicht. Sprich: auf verbale Aggression verbal zu reagieren und auf körperliche Aggression körperlich zu reagieren ist nur verständlich, bringt uns aber nicht weiter.

2. Nachgeben

Nicht mehr Fussballfan sein, nicht mehr eine „Kurve ausser Kontrolle“ sein etc. Kann das sinnvoll sein? Ich weiß es nicht, ich (älterer) tendiere bald zu dieser Lösung, aber noch will und kann ich sie nicht sinnvoll finden.

3. sinnvoll wehren

Nur das kostet Kraft. Dabei gibt es schon sinnvolle Projekte, die man starten könnte. Eines läuft schon: Benenne deinen Feind. „Die Polizei“ oder - noch schlimmer - „Die Staatsmacht“ ist unbestimmt und reisst keinen vom Hocker. Aber Namen nennen, das ist gut. So steht der Einsatzleiter Tresp jetzt vollkommen zu Recht in der Öffentlichkeit, muss sich rechtfertigen und sein Name wird immer bekannter. So muss es auch mit unseren vermeintlich szenekundigen Beamten passieren. Namen müssen öffentlich gemacht werden, Verfehlungen (wie diese von Arminia Hannover) mit diesen Namen verbunden werden. Weiterhin sollten wir (oh Gott, die Kosten will ich gar nicht wissen) das Babelsberger Projekt übernehmen und uns von Anwälten begleiten lassen. Und viele weitere kreative und sinnvolle Ideen brauchen wir. Vielleicht macht ja mal ein Reden doch Sinn. Mich würde schon mal ein Interview mit den beiden SKBs interessieren. Denn wenn man die Motive des Anderen kennt kann man ihn noch besser schlagen.

Postscriptum

Nichts findet ihr zum Spiel, nichts zu den unzähligen witzigen Randgeschichten, die auch an einem solchen Tag passieren, nichts zur Celtic-St.Pauliparty (weil ich wegen Knie nicht da war) und nichts zu sonstigen Geschehnissen. Das reicht.

Bewusst offen gelassen ist, wie ich an diesem Tag angereist bin und was ich persönlich erlebt habe und was nicht. Natürlich war ich nicht überall dabei, aber die nicht von mir selbst erlebten Geschichten basieren auf absolut glaubhaften Zeugenaussagen, die teilweise von mehreren Leuten unabhängig von einander gemacht wurden. Nur die Geschichte aus der frühen Bahn basiert auf einer Internetstory, so dass ich di